Hans-Christian Andresen
Das Märchen vom dänischen Bauernhof

Es war einmal ein dänischer Bauer. Der führte einen erfolgreichen Hof in Jütland, wo er Rinder und Hühner züchtete. Somit versorgte er sein Volk über viele Jahre mit Nahrungsmittel. Die immer weiter verschärften EU-Richtlinien für Massentierhaltung vermiesten mit der Zeit seine Stimmung. Als dann der Globalisierungswahn die Lebensmittelpreise in den Keller sinken ließ, gab er auf und zog in die nahegelegenen Stadt. Denn hier lockte ein erfolgreiches Werk, was Plastik-Spritzguss-Bausteine für Kinder in der ganzen Welt produziert, mit guten Löhnen.
Leider hat unser Bauer beim Beräumen seinenes Hofes den alten Traktor vergessen, den er jahrelang als Ersatzteilspender nutzte.
Sein Nachbar übernahm nun die Agraflächen und sein Betrieb expandierte. Da reichte der alte Traktor bald nicht mehr aus und er kaufte sich einen großen, modernen Schlepper. Da er den kleinen Traktor nicht mehr brauchte, entschloss er sich ihn mit zum den anderen Traktor auf dem verlassenen Hof zu stellen. Denn so rosten sie nicht alleine vor sich hin.
Es folgten bald noch mehr Traktoren, Mähdrescher und andere landwirtschaftlicher Schrott.
Eines Tages kamen zwei Leute aus den Nachbardorf am verlassenen Hof vorbei und stellten erstaunt fest, "Oh! Da ist ja ein toller Schrottplatz! Hier stellen wir gleich unsere alten Autos ab!" Und schon standen zwei alte Skodas neben den Traktoren.
Das Spielzeugwerk in der Stadt expandierte inzwischen zum Weltkonzern und verkaufte seine Plastik-Bausteine so gut, dass die Gehälter immer besser wurden. So konnten sich die Mitarbeiter auch bald schicke Limousinen aus Deutschland und Italien, Geländewagen aus Japan und Korea oder Kombis aus Frankreich und Schweden leisten. Ihre alten und viel zu kleinen Autos brauchten sie nicht mehr. So auch Lars Johansen, der sich nun auch so ein tolles und grosses Fahrzeug anschaffen konnte. Als er auf seinem Hof sein altes, kleines Auto aus Niedersachsen neben seinem neuen bayrischen Boliden betrachtete, überlegte er was er damit machen soll. Zum Glück fiel ihn in diesem Moment der alte verlassene Hof ein, wo er vor Jahren mal vorbeikam. Swuppdiwupp! Und schon war der Käfer im Gebüsch verschwunden.
Er erzählte seinem Freund Ole Godfredsen davon und bat ihn seinen alten Käfer doch auch mit auf den alten Hof zu stellen. Denn so sind sie dort zu zweit und das ist doch viel schöner.
Ole nickte und war von der Idee überzeugt. Begeistert brachte er seinen alten Käfer zum Hof und erfreute sich, wie die beiden Kleinen nun nebeneinander im Gebüsch verrotten.
Als im Herbst die Blätter von den Bäumen fielen, sah ein zufällig vorbeikommender Mann aus den Dörfern die Skodas und dachte sich, 'Mensch! die Tschechen sind doch ein Volk. Die rosten sicher gern in Gesellschaft und mein alter Skoda ist so allein bei mir. Da stelle ich ihn doch mit zu den anderen!' Den nicht mehr benötigten Caravan brachte er als Zugabe gleich noch mit.
Genauso muss wohl auch ein weitere Dorfbewohner gedacht haben und schon waren es vier Tschechen auf dem Hof!
"Das ist ja eine tolle Sammlung von Autos aus dem Ostblock!" murmelte Christian Hansen vor sich hin! "Hier bringe ich doch meinen alten Lada als Leihgabe vorbei! Der steht doch bei mir nur rum! Hier steht er doch viel schöner, als in meiner schönen und viel zu kleinen Garage." Dabei dachte er für sich, 'Hoffentlich bringen sie ihn mal nie wieder zurück!'
Nach einigen Jahren flog bei so viel Tschechenschrott noch dieser Felicia ins Geüsch und verseucht nun auch mit den Boden des einst erfolgreichen Agrabetriebs.
Und wenn sie nicht gestorben sind, können unsere Bauern, Lars, Ole, Christian und all die anderen Leute aus den umliegenden Dörfern so einen tollen Sonnenuntergang über dem dänischen Bauernhof genießen.

Leider sind bei diesem Märchen nur die Personen und Handlugen erfunden. Der Hof ist Realität. Zweimal besuchte ich ihn und machte dort meine Fotos. Der Hof ist nicht der einzige hier. Viele dieser Orte fand ich bereits.
Autoschrott in der Natur ist fast schon eine Kunstform, die den endlosen Kampf der Natur mit unserem menschlichem Frevel zeigt.

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Foto + Text: Hans-Christian Andresen / Billund, 08.04.2011