Dampfpflügen in Blumenberg;
22.-23. August 2009

Am Anfang war der Bauer, der Ochse und der Pflug.
Seit der Antike wurde über viele Jahrhunderte der Boden mit Muskelkraft durch Mensch und Tier nutzbar gemacht. Doch durch die Erfindung der Dampfmaschine änderte sich die jahrhundertealte Arbeitsweise.
Mit der revolutionären Erfindung der Dampfmaschine durch Thomas Newcomen, im Jahre 1712, und die durch einen geeigneten Wirkungsgrad verbesserte Version von James Watt, von 1769, löste die Maschinenkraft unaufhaltsam die Muskelkraft ab. Im selben Jahr konstruierte Nicholas Cugnot mit einem Dampfwagen die erste mobile Dampfmaschine. 1803 folgte dann die erste Dampflokomotive. Durch die Einführung von Lokomobilen und des Dapfpflugsystems, im Jahr 1850, hielt die Maschinisierung auch in der Landwirtschaft Einzug und löste dort die Muskelkraft ab.
Im Agraland Preußen führten die innovatierten Landwirte und Gutsbesitzer Richard Schaeper und Philipp Kühne 1863 das Dampfflugsystem ein. Als Schauplatz diente dazu die heimische Magdeburger Börde, mit ihren sehr ertragreichen Böden. Zum Gedenken an dieses Ereignis findet in Blumenberg aller fünf Jahre einen Vorführung dieser Technik statt.

Zu einem Dapfpflugsatz gehören zwei selbstfahrenden Dampflokomobile, die einen Kipp-Pflug wechselseitig über einen Acker ziehen. Zudem kamen meist noch 2 Wasserwagen, Mannschaftswagen und eine Mannschaft, die aus 12 Mann bestand.
Beim Pflügen bewegen sich die beiden Pfluglokomotiven am Feldrand, dem sogenannten Vorgewende. Durch das hohe Eigengewicht waren sie nicht in der Lage selbst das Feld zu befahren. Durch die mit Dampfkraft angetriebenen Seiltrommel zogen die Lokomobile den Kippflug über eine Distanz von bis zu 700m wechselseitig über die zu bearbeitenden Agrafläche. Ist dieser am Ende angelangt, fuhren die Lokomobile 2m vor und der Arbeitsvorgang begann von neuem. Bahn für Bahn, Furche für Furche wurde so der Acker durchpflügt. Die Verständigung der Lokomobilführer erfolgte mittels Signalgebung durch die Dampfpfeife.
Der hier abgebildete Dampfpflugsatz, der bei verschiedenen Schauvorführungen in Deutschland zum Einsatz kommt, ist der letzte einsatzfähige Maschinensatz dieser Art in Deutschland. Die Lokomobile sind die einzigen betriebsbereit erhaltenen Arbeitsmaschinen dieser Art. Sie wurden von Karl Stange entdeckt, danach aufgearbeitet und gehören dem Agrabildungszentrum Schönbrunn in Landshut.
Dieser Dampfpflugsatz wurde 1928 von der Dampflug-Lokomotiv-Fabrik Andreas Heucke in Gatersleben mit den Baunummer No. 743 und No. 744 ausgeliefert. Die Firma baute bis 1946 830 Stück, die weltweit zum Einsatz kamen. Dieser Pflugatz war bis 1960 bei der Regensburger Dampfpflug-Gesellschaft im Einsatz.
Die Leistung der Lokomobile beträgt 220 PS. Pro Arbeitsvorgang wurden 6m³ Wasser und 1to Kohle verbraucht. Die maximale Seillänge der Trommeln betrug 700m. Zu heutigen Schauzwecken dienen 300m Seil.


Hier einge Detailaufnahmen.

Im Gegensatz zu einer Dampflokomotive befindet sich der Dampfzylinder auf dem Kessel. Über Gestänge und Zahnrädern werden die Seiltrommeln und die Antriebsräder des Lokomobils angesteuert.

Die Seiltrommel befindet sich unterhalb des Dapfkessels, in guter Arbeitshöhe, um eine möglichst effektive Zugkraft für den Pflug zu erreichen.

Bedient wird das Lokomobil durch einen Maschinisten. Er ist Lokomobilführer und Heizer in einer Person.

Zur Befeuerung des Lokomobils genügt immer die Zeit, in der das andere Lokomobil den Pflug über den Acker zieht.

Der Kipp-Pflug ist von zwei Mann aus der Dampfpflugmannschaft bestetzt. Es sind der "Pfluglenker" und der "Schwanzreiter."

Ist der Pflug am Ende des Feldes angekommen, rücken die Lokomobile zwei Meter vor, der Pflug wird gekippt, die Seile klargemacht und nach einem Pfeifensignal geht es zurück zum anderen Lokomobil, am gegenüberliegenden Feldrand.

Da sich kaum ein Goßgrundbesitzer einen eigenen Dampfpflugsatz liesten konnte, spezialisierten sich viele Dampfpfluggesellschaften auf diese Technik und boten ihre Leistungen an. Die Mannschaften der Dampfpflugsätze zogen in der Saison von Einsatzort zu Einsatzort. Als Quartier dienten solche Mannschaftswagen, die von fünf Mann bewohnt wurden.
Es blieb kein Mannschaftswagen aus dieser Zeit der Nachwelt erhalten. Dieses Fahrzeug wurde von der Famile Skibowski aufwendig nachgebaut.
Beim Betrachten dieser Bilder bin ich schon froh, dass sich der Lebensstandard von uns Wanderarbeitern erheblich erhöht hat. Teilten sich in den 30er Jahren noch fünf Mann diesen sehr beengten Platz zum wohlverdienten Feierabend, beziehen meine Kollegen und ich jeder ein eigenes, gutes Hotelzimmer. Hier in Drøbak sogar mit phantastischem Blick auf den Oslofjorden.

Für Landwirte mit kleinem Budget, kamen Anfang der 20er Jahre die ersten Ackeschlepper auf dem Markt, mit denen kleinere Felder gepflügt werden konnten.

Durch die Entwicklung großer Glühkopfmotoren, wie sie unter anderem beim deutschen Lanz, dessen Nachbau, dem polnischen Ursus oder im italienischen Landini verwendet wurden, standen ab dem Ende der 20er Jahre die ersten leistungsstarken Schlepper zur Verfügung. Obwohl die Firma Heinrich Lanz Mannheim der größte Produzent von Dampflokomobilen war und mit 1000 PS starken Maschinen auch die stärksten Arbeitsgeräte dieser Art baute, war es gerade diese Firma, die Ende der 20er / Anfang der 30er Jahre die ersten leistungsstarken Ackerschlepper baute. Somit wurde die umständliche Arbeit der Dampfpflüge vereinfacht und das Ende der Dampfpflugära eingeläutet.

Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Ackerflächen der fruchtbaren Magdeburger Börde zu großen Genossenschaften zusammengelegt. Das Rückgrat zur Bearbeitung der riesigen Ackerflächen bildete neben dem russischen K 700 der ab 1967 vom VEB Fortschritt Schönebeck entwickelte ZT 300. Bis weit in die 90er Jahre war er hier im Einsatz. Zum Teil wird der robuste Schlepper heute noch von privaten Landwirten genutzt.

Eine Ausstellung mit landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen erhöhte noch die Qualität dieser einzigartigen Veranstalltung.

Dabei konnte auch selbstfahrenden und maßstabsgetreue Modelle der Dampflokomobile bestaunt werden.

Diese eigenwillige Bulldog Konstruktion ist selten zu sehen.

Ein sehr schöner 45er Lanz aus Niederndodeleben.

Auf eingene Achse reisten der LANZ und der Ursus aus dem Harz an.

Ursus C 45 aus Gröningen. Die Warschauer Fabrik Ursus baute nach dem 2. Weltkrieg die LANZ Modelle nach und fertigte so leistungsstarke Schlepper für die polnische Landwirtschaft. Bald war die Marke auch über die Landesgrenzen bekannt.

Ab 1936 baute Deutz mit dem F1M14 einen preisgünstigen Schlepper, der zur Moderniesierung von kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben beitrug. Mit 2300 RM hatte der Schlepper cirka den gleichen Kaufpreis, wie ein Opel P4, dem damaligen "Volksauto".

Der Kramer KL 300 wurde ab 1960 produziert.

Der Hanomag R 19 kam 1953 auf dem Markt. Bis 1957 wurden 8389 Schlepper dieses Typs gebaut.

Der 60 PS starke IFA KS 07 wurde ab 1952 im Brandenburger Traktorenwerk gebaut. Der Raupenschlepper kam bei schweren Arbeiten in der Landwirtschaft zum Einsatz.

Der RS 09 wurde ab 1958 in Schönebeck gebaut. Durch die Konstruktion, wobei das gesamte Triebwerk auf der Hinterachse lag, hatte der Traktorist bei der Arbeit eine perfekte Übersicht über alle Anbaugeräte.

Neben der DK 3 "Dieselameise" steht ein T 157 Schwenkkran.

Die S 4000 Zugmaschine war in allen Bereichen der DDR eingestzt. Dieser schöne LKW bildet auch den perfekten Abschluß für den Bericht über eine gelungenen Veranstaltung.

Foto: Günther Breutel; Text: André Breutel / Drøbak, 04.09.2009